Montag, 6. April 2020

Geistige Nahrung in Corona-Zeiten



Leakey's Second-Hand Bookshop in Inverness, Schottland
Lies doch mal wieder ein Buch!

Würde man mit einer großen Gruppe eine Mindmap zum Thema "Corona" machen, dann würden  verschiedene Leute wohl ganz verschiedene Stichworte aufschreiben. Diejenigen, die zu Hause bleiben und keine Kinder bespaßen müssen, vielleicht: "Langeweile". Die Eltern, die jetzt zwangsweise auch Lehrer sind: "Herausforderung". Die Ärzte und Krankenschwestern möglicherweise: "Stress" und sowohl die Risikogruppe als auch alle, die um ihre berufliche Existenz bangen: "Angst". Welche Worte würdet ihr noch zu der Mindmap hinzufügen?

In diesem Post geht es sowohl um die Leute, die sich langweilen als auch um eine Branche, die momentan sehr gefährdet ist: Die Buchbranche. Wer gerade zu Hause sitzt und Däumchen dreht, der kann die Buchbranche nämlich unterstützen.

Was sind die Probleme?
Im Boersenblatt kann man nachlesen, dass Amazon zurzeit nur Produkte mit hoher Nachfrage (im Klartext: Haushalts-, Sanitätsartikel, etc.) bestellt und keine Bücher mehr. Das stellt kleine Verlage vor große Probleme. Sie sind durch geschlossene Buchhandlungen auf Online-Bestellungen angewiesen. Auch die Buchhandlungen haben es schwer. Wie andere Läden sind sie vorübergehend geschlossen und bangen um ihre Existenz.

Was können wir tun?
Wir können zum einen Bücher bei den Buchhandlungen in der eigenen Stadt oder dem eigenen Dorf bestellen. Zum anderen können wir z.B. E-Books direkt auf der Seite des Verlags herunterladen. Damit tun wir nicht nur was gegen die Langeweile, sondern unterstützen eine Branche, die ohnehin seit Jahren in der Krise steckt.

Ich selber habe heute "Das NEINhorn" von Marc-Uwe Kling bei einer süßen, kleinen Buchhandlung in der Nähe bestellt. Ganz einfach per Telefon! (Auf der Webseite vom SPIEGEL findet man übrigens eine vom Autor selber gelesene Fassung).

Und was haben wir davon?

Neben der erwähnten Langeweile, die wir mit Büchern erfolgreich bekämpfen können, ist Lesen einfach eine tolle Sache.


- Lesen fördert die Kreativität, da man, anders als beim Fernsehen, selber Bilder im Kopf formt

- Lesen fördert die Allgemeinbildung: Man lernt neue Wörter, man trainiert die eigene Rechtschreibung und man eignet sich neues Wissen an

- Lesen hilft dabei, sich zu fokussieren: In der Zeit der flimmernden Bildschirme ist das konzentrierte Lesen wieder eine neue Herausforderung, aber sie lohnt sich ;)

- Lesen fördert die Empathie: Wenn man mit seinen Helden mitfiebert und aus ihren Geschichten und zwischenmenschlichen Beziehungen lernt, dann steigert das das eigene Mitgefühl

- Lesen macht stark: Wenn kleine Mädchen Pippi Langstrumpf lesen, dann lernen sie ein starkes, freches und mutiges Vorbild kennen, das sie ihr ganzes Leben lang begleiten kann. Wenn kleine Jungen Harry Potter lesen, dann lernen sie, dass man mit einem reinen Herzen auch einen unsterblichen Bösewicht besiegen kann (zumindest mit der Hilfe von wahren Freunden).








Dienstag, 17. März 2020

Gedankensalat II zum Coronavirus




Gedankensalat II zum Coronavirus (aka Gedankensalat mit Desinfektionsdressing)

Seit Montag ist es ernst geworden: Schulen und Kitas in weiten Teilen Deutschlands sind geschlossen, genau wie Theater, Museen, Kinos etc. Die Menschen sollen, wenn möglich, zu Hause bleiben.

Dieser Text ist an all diejenigen gerichtet, die sich freiwillig oder unfreiwillig in Quarantäne begeben haben und denen es zwar gesundheitlich gut geht, die aber gelangweilt oder verärgert darüber sind, jetzt zwei Wochen zu Hause fest zu sitzen.

So bedrohlich und gefährlich diese Pandemie ist, ich denke, wir können etwas von ihr lernen (und zwar nicht nur, dass Hygienemaßnahmen wie Händewaschen und in-die-Ellbeuge-husten IMMER sinnvoll sind). Nein, was ich meine, ist die Entschleunigung. Das Innehalten in unserem ach so schnellen und oftmals auch konsumorientierten Leben. Wer in den nächsten Tagen und Wochen zu Hause sitzt (und keine schreienden Kinder um sich hat), der kann sich natürlich von Netflix und co. berieseln lassen (auch das muss ja mal sein, da möchte ich gar nicht drüber urteilen). Man könnte die Zeit aber auch nutzen, um sich Gedanken über das eigene Leben und die Gesellschaft zu machen.

Manchmal habe ich das Gefühl, alles muss besser, schneller, höher und weiter sein. Mehr Wirtschaftswachstum, mehr Datenvolumen, ein schnelleres Netz, die Aktien sollen in die Höhe schießen, wir wollen mehr Geld, ein besseres Leben, ein neues Handy, etc. pp. Das fand ich schon vor Corona etwas … nun ja, seltsam. Ich bin nun weder Wirtschaftsexperte noch Philosoph, aber dieses „mehr, mehr mehr“ finde ich trotzdem etwas skurril. Wachstumskritiker sagen, dass ein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten eben nicht möglich ist. Ihre Gegner erwidern, dass natürliche Ressourcen vielleicht begrenzt sind, die Innovationskraft des Menschen aber nicht. Wachstum und Wachstumskritik sind natürlich riesige Themenfelder, die ich hier nicht in gebührender Länge durchkauen kann. Aber vielleicht kann jeder für sich einmal darüber nachdenken, ob ihn etwas am Wirtschaftswachstum stört oder was es für alternative Wege in die Zukunft geben könnte.

Ich habe für mich zum Beispiel einmal das Gedankenexperiment gemacht, was passieren würde, wenn die ganze Welt aufhören würde, z.B. Kleider, Schuhe, Handtaschen und Schmuck zu produzieren. Wie lange könnten wir die vorhandenen Sachen recyceln? Würde es vielleicht Second-Hand Modeshows mit ganz individuellen und einzigartigen Kombinationen geben? Wie könnte man neue Arbeitsplätze für alle schaffen, die bei Modeunternehmen arbeiten, sei es der CEO von einer bekannten Modemarke oder die Schuhverkäuferin an der Kasse? Würde die ganze Wirtschaft zusammenbrechen, wenn ein so großer Zweig wegfallen würde? Gäbe es ein Umdenken bei Jugendlichen, was den „Markenzwang“ angeht? Für viele dieser Fragen habe ich selber gar keine oder keine realistischen Antworten gefunden, aber ich finde es trotzdem wichtig, sich einmal die Frage zu stellen: Was wäre, wenn …? Denn dadurch bricht man seine gewohnten Denkmuster auf und spinnt ein bisschen herum (und kommt in meinem Fall auf neue Schreibideen). Genau dafür möchte ich in diesem Text ein bisschen plädieren.

Wer sich bis hierher durchgekämpft hat, hat immerhin bereits bewiesen, dass er nicht dem neuen „Instagram-Phänomen“ erlegen ist und sich nur noch Bilder anschaut, anstatt längere Texte zu lesen. Sehr gut! Doch geht noch einen Schritt weiter.

Traut euch, Zeit mit einem tollen Menschen (damit seid ihr selbst gemeint!) zu verbringen. Und zwar ohne Ablenkung. Ihr könnt dafür ein Selbstgespräch mit dem Spiegel halten oder einfach nur euren Gedanken freien Lauf lassen.

Stellt euch Fragen wie: Wer ist mein persönliches Vorbild? oder auch: Wie sähe der Coronavirus wohl aus, wenn er einen Menschenkörper/Tierkörper hätte?

Findet heraus, wie ihr eigentlich zu Themen aus der Politik und Wirtschaft steht. Was für Werte sind für euch wichtig? Neugier? Unabhängigkeit? Stolz?

Versucht einmal gezielt auf eure Intuition zu hören. Was sagt eure innere Stimme zu schwierigen und kontroversen Themen wie zum Beispiel der Abtreibung?

Und zu guter Letzt; ich werde es immer wieder sagen: Versucht in den nächsten zwei Wochen mindestens einmal pro Tag herzlich zu lachen. Wenn ihr findet, dass an der aktuellen Situation nichts komisch ist oder wenn ihr Witze über den Coronavirus leid seid, dann bittet zur Not jemanden aus eurem Haushalt, euch zu kitzeln! Oder denkt euch euren eigenen Witz aus (kleiner Tipp: es geht darum, zuerst eine Erwartungshaltung aufzubauen: Person A:„Kommst du heute zum Grillen in den Garten?“  Person B: „Ist es überdacht?“ Im ersten Moment denkt man da an das Dach, die Erwartung ist also, dass sich die Antwort darauf bezieht. Die Erwartungshaltung wird dann im zweiten Teil überraschend gebrochen: Person A:„Nee, eher spontan.“)!

Nichts in der Welt (nicht einmal das Coronavirus,) ist so ansteckend wie Lachen und gute Laune. (Charles Dickens mit eigener Ergänzung).



Donnerstag, 12. März 2020

Gedankensalat zum Coronavirus


Gedankensalat zum Coronavirus

Trotz Coronavirus sollten wir nicht zum einsamen Leuchtturm mutieren (s.u.)



„Boah, voll übertrieben mit dem Coronavirus. Die Grippe ist eh viel gefährlicher. Was soll denn die ganze Panikmache?“ (abgewandelter Kommentar unter einem Youtube-Video)

Dröseln wir das Ganze von hinten auf. Panik ist laut Duden die „durch eine plötzliche Bedrohung, Gefahr hervorgerufene übermächtige Angst, die das Denken lähmt und zu kopflosen Reaktionen führt.“ Übermächtige Angst, gelähmtes Denken und kopflose Reaktionen? So etwas können wir alle wohl in keiner Lebenslage gebrauchen, bei einer Epidemie erst recht nicht.

(Interessanter Fakt: Das Wort „Panik“ hängt mit dem griechischen Gott Pan zusammen: eine Panik galt früher als eine Riesenangst, die von dem alten Hirtengott verursacht wurde.)

Doch zurück zum Coronavirus: Panik ist sicherlich nicht der Schlüssel zum Erfolg, ernst nehmen sollte man eine Pandemie (die hat etymologisch nix mit dem griechischen Gott zu tun) trotzdem! Das Virus ist für immunschwache Menschen sehr wohl gefährlich und zur Zeit gibt es noch keinen Impfstoff dagegen. Außerdem gilt es, die Verbreitung zu verlangsamen, damit das Gesundheitssystem nicht überfordert wird.

Wer trotzdem noch nicht an den Ernst der Lage glaubt, der soll doch bitte einmal entsprechende Stichworte („Corona“+“China“, „Corona“+“Italien“) in die Suchmaschine tippen und sich die menschenleeren Straßen in diesen Ländern angucken.

Doch als Nicht-Medizinerin würde ich mich als Hochstaplerin fühlen, wenn ich hier länger über die Symptome und Vorsichtsmaßnahmen schwafeln würde. Dazu sollte man sich besser auf den Seiten des Gesundheitsministeriums oder der World Health Organization (kurz WHO) informieren.  

Ich gehe stattdessen lieber auf die menschlichen Aspekte ein. Was können wir (außer Hände waschen) tun? Wie sollen wir uns verhalten? Und was machen wir den lieben langen Tag, wenn wir unter Quarantäne stehen?

Auf der Seite des Gesundheitsministeriums wird davon gesprochen, dass das Zusammenleben trotzdem weiter funktionieren müsse, dass eine Balance zwischen Einschnitten und Alltag gefunden werden soll. Das Zusammenleben ist ein wichtiges Stichwort. Ich möchte euch alle da draußen bitten, euren Kopf und euer Herz nicht auszuschalten. Das klingt jetzt total kitschig, ich weiß! Aber was ich damit meine: Verfallt nicht in Panik (siehe oben). Bewahrt euer Mitgefühl. Helft einander. Durch das Coronavirus ist das neue Trendwort „soziale Distanzierung“ (social distancing) entstanden; also der Rat, Großveranstaltungen und öffentliche Verkehrsmittel zu meiden, keine Hände zu schütteln, etc. Diese Maßnahmen sind aus medizinischer Sicht sinnvoll, aber das heißt ja nicht, dass wir uns auf der Gefühlsebene von unseren Mitmenschen distanzieren müssen und zum einsamen Leuchtturm in der Landschaft mutieren. Das Coronavirus kann nicht durchs Handy übertragen werden, also nutzt die (Quarantäne-)Zeit, um mit euren Liebsten zu telefonieren, frischt eure Kontakte auf und seid nett zueinander. Das ist auch schon mein erster Tipp gegen die Langeweile in der möglichen Quarantäne.
Hier sind ein paar weitere Ideen, was ihr tun könnt, wenn ihr die nächsten Wochen zu Hause bleiben müsst:

-        -  Lernt mit Youtube, Büchern oder Apps eine neue  Sprache

-        -  Räumt euer Zimmer/die Wohnung/das Haus auf
-
-        -  Macht eine Quarantäne-Koch-Challenge (Wie pimpe ich den Bohneneintopf aus der Dose so auf, dass er nicht mehr so schlecht schmeckt, wie er aussieht?)

-         - Sucht euch einen Personal-Trainer bei Youtube und trainiert mit ihm
-          Spielt doch mal wieder ein Gesellschaftsspiel (es gibt passend zum Thema das Brettspiel „Pandemie“ von Matt Leacock.)

-         - Verlernt das Lachen nicht!!! Mir persönlich helfen immer Late-Night- und News-Shows wie „Last Week Tonight“ mit John Oliver oder die „Daily Show“ mit Trevor Noah (das deutsche Pendant dazu wäre wohl die Heute-Show auf ZDF). Aber egal, ob ihr euch mit lustigen Katzen-Videos oder intellektuellen und philosophischen Witzen aufmuntert: Verlernt das Lachen nicht!

Gesundheit ist der größte Reichtum. Liebe ist der kostbarste Schatz. Und Lachen die beste Medizin.
In diesem Sinne :-)

Mittwoch, 21. Februar 2018

Buchempfehlung: "Scythe"


 Unsterblichkeit - Utopie oder Dystopie?

Quelle: Amazon


Setting: In Neal Shustermans "utopischer" Welt sind die Menschen quasi unsterblich. Sie haben im Körper sogenannte "nanites", die sie bei Unfällen heilen und Schmerzen verhindern. Sollten sie doch einmal sterben (weil sie beispielsweise von einem Hochhaus springen), werden sie in Wiederbelebungszentren "zurück" gebracht. Auch das Problem des Alterns ist geklärt: Man kann sich einfach zurücksetzen lassen, das heißt, wenn man z.B. 50 ist und wieder jünger sein möchte, setzt man sich auf z.B. 23 zurück.  Nun müssen Menschen auch in dieser Welt sterben, weil Babys geboren werden und die Menschen irgendwann keinen Platz mehr auf der Erde hätten. Dazu gibt es den Berufsstand der "Scythes", auf Deutsch: Sensen.

Plot: Citra und Rowan werden Azubis von Scythe Faradayund müssen sich mit dem einerseits privilegierten, andererseits gefürchteten Status der Scythe auseinandersetzen. Natürlich kommen sie sich hierbei näher ... Doch nur einer von ihnen kann am Ende ein Scythe werden und die erste Aufgabe des Gewinners wird fatale Folgen haben ...

Philosophie und Gesellschaftskritik: Ich empfehle Shustermans Buch nicht wegen der Liebesgeschichte zwischen Rowan und Citra (die hat mich gar nicht mal so sehr gepackt) oder wegen der Spannung und der Action. Was mir an dem Buch am besten gefällt ist der beinahe erschreckend genaue Einblick, den Shusterman in unsere Gesellschaft hat und die möglichen Lösungen, die er in seiner "Utopie" vorstellt (samt ihrer Konsequenzen). Ich werde im folgenden auf die verschiedenen gesellschaftlichen und philosophischen Aspekte eingehen:

- Künstliche Intelligenz: In Shustermans Welt hat sich unsere "Cloud" in eine künstliche Intelligenz mit Bewusstsein weiterentwickelt: den Thunderhead. Der Thunderhead ist also ein riesiges Datensystem. Außerdem gibt es in Shustermans Welt überall Kameras und Mirkofone, sodass der Thunderhead allwissend und allgegenwärtig ist.

Das klingt jetzt erstmal nach totalitärem Überwachungsstaat, aber so einfach macht es sich Shusterman nicht.

Der Thunderhead hat schließlich ein Bewusstsein und ist allgut. Er handelt nach moralischen Werten und kümmert sich um die Umwelt und die Menschen. Er organisiert alles vom Straßenbau bis hin zur Nahrungsbeschaffung. Bis jetzt bin ich skeptisch, was die Moralität des Thunderhead betrifft - es scheint zu gut um wahr zu sein, dass er nicht der übergroße Bösewicht der Trilogie ist, aber wir werden sehen.

Der Thunderhead hat außerdem die Regierungen abgelöst und ist Alleinherrscher über die Welt - eben, weil er unfehlbar ist und immer die beste Lösung für alles weiß. Außerdem ist er natürlich nicht korrupt, weil er nie an seinen eigenen Vorteil denkt. Wieder zweifle ich daran, dass man einer künstlichen Intelligenz die Macht über die gesamte Erde anvertrauen sollte, aber bis jetzt ist Shustermans Logik standfest.

So langsam wird ein Bild vom Thunderhead deutlich, das sich gar nicht so sehr von dem Bild eines Gottes unterscheidet. Beide sind allmächtig, allgut und allwissend (wobei der Thunderhead nicht ganz allmächtig ist, aber dazu später). Beide sind nicht greifbar und übermenschlich. Und ich als Nicht-Gläubige würde argumentieren, dass beide von Menschen geschaffen wurden. Gäbe es keinen Menschen mit Bewusstsein, dann könnte sich auch niemand einen Gott vorstellen, ergo gäbe es ihn auch nicht (religiöse Menschen werden mir hier widersprechen). Ich finde diese Parallelen zwischen einem technologischen "Gott" und den heutigen Religionen echt spannend!

Das Einzige, worbüber der Thunderhead keine Macht hat, sind die Scythes. Er hat schon früh entschieden, dass die Aufgaben der Geburt und des Todes in Menschenhand bleiben sollen. Auch diese Art von Gewaltenteilung ist wirklich interessant.

- Die menschlichen Folgen von Unsterblichkeit: Obwohl es die Scythes gibt, ist es sehr wahrscheinlich, dass man bis zu tausend Jahre alt wird. Der Tod ist für Menschen in dieser Welt also in weite Ferne gerückt. Was sind die Folgen, wenn man keine Angst mehr vor dem Tod hat? Laut Shusterman ist es eine Oberflächlichkeit der Menschen, die ohne Tiefgang in ihren langen Leben herumdümpeln - ohne wirkliche Ambitionen. Keiner braucht arbeiten, denn für Nahrung, etc. sorgt der Thunderhead. Armut, Kriminalität und alles andere, was uns heutzutage zu schaffen macht, sind von der Bildfläche verschwunden und was bleibt, ist eine gewisse Eintönigkeit. Bereits Kant schrieb, dass in einem Zustand des langen Friedens der Charakter von Nationen verkümmern würde (obwohl er auch ein Werk namens "Zum ewigen Frieden" schrieb, aber wir stecken schließlich alle voller Widersprüche).

Ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass wir Menschen ohne Nöte und Sorgen irgendwann nicht mehr zu tiefgehenden Empfindungen fähig wären. Auf der anderen Seite sollten wir trotzdem nach Frieden streben und keinen Krieg anfangen, bloß damit uns Emotionen wie Angst und Terror und damit auch ein Streben nach einer besseren Welt oder einem besseren Leben erhalten bleiben.


- Die Moral des Tötens:  Nur wer kein Scythe sein möchte, ist würdig einer zu sein. Das ist die Philosophie von Rowans und Citras Mentor, dem Scythe Faraday. Schon wieder ein Widerspruch, aber ein durchaus bekannter. Bereits in Harry Potter heißt es, dass nur derjenige, der nicht nach Macht strebt, würdig ist, Macht zu tragen. Egal ob in der Politik, in der Lehre oder eben als Scythe; es ist ein ähnliches Prinzip. Große Macht heißt große Verantwortung. Speziell, wenn es um so etwas Schreckliches wie das Töten geht, sind moralische Prinzipien sehr wichtig. Das Thema steht in Shustermans Buch sehr im Vordergrund. Die verschiedenen Scythes, die wir im Verlauf kennenlernen, haben sehr unterschiedliche Herangehensweisen an das Töten und diese verraten viel über ihre moralischen Prinzipien. Ist es zum Beispiel gnädiger, die Menschen entscheiden zu lassen, wie sie sterben? Sollte man ihnen Zeit geben, sich von den Liebsten zu verabschieden? Oder ist ein unmittelbarer Tod der gnädigste?

Es sind Fragen, die auch für uns relevant sind, auch wenn wir nicht in dem Luxus (ist es Luxus?) leben, über unsere Todesart oder unseren Todeszeitpunkt zu bestimmen. Aber sicherlich fragt sich der ein oder andere, ob er lieber plötzlich sterben möchte (z.B. in einem Unfall) oder lieber Zeit hätte, sich zu verabschieden (z.B. bei einer unheilbaren Krankheit). Ich habe das Gefühl, dass wir bereits heutzutage das Thema Tod beiseite schieben, weil es ein durchaus unangenehmes zu sein scheint, dabei gehört es doch zum Leben dazu wie die Geburt. Ich frage mich manchmal, ob Anti-Falten Cremes und Botox deswegen so populär sind, weil wir durch ein jüngeres Aussehen das Alter und damit den Tod weit von uns schieben wollen.



Fazit: Ich könnte diesen Blogartikel noch locker verdoppeln, weil Shustermans Trilogie sehr viel Stoff für philosophische Diskussionen bietet, aber das hier genügt als ersten (und bereits sehr intensiven) Einblick. Ich kann die Scythe-Trilogie wirklich wärmstens empfehlen, wenn ihr auf der Suche nach einer guten Utopie/Dystopie seid (ob es eine Utopie oder Dystopie ist, lasse ich mal offen). Sie ist wirklich sehr tiefgehend und gleichzeitig spannend und actiongeladen. Wenn ihr die ersten beiden Bücher gelesen habt (das zweite Buch heißt "Thunderhead"), dann schreibt mir gerne bei Facebook, was euch am meisten interessiert und zum Nachdenken angeregt hat.

Sonntag, 11. Februar 2018

GeWissen

Gewissen: Das Bewusstsein von Gut und Böse des eigenen Handelns ...

Wir alle wissen, dass unsere Welt nicht so fortschrittlich, aufgeklärt und fair ist wie uns manche Politiker vorgaukeln möchten (dieses Wissen ist Voraussetzung für ein GeWissen). Die neu erstandene "Destroyed" Jeans  wurde irgendwo in Asien von einem Arbeiter hergestellt, der bei der Produktion schädliche Feinstaubpartikel eingeatmet hat  und für unseren coolen Style möglicherweise Krebs bekommt. Außerdem produzieren wir eine Menge Müll und leben in Ländern, die Krieg in anderen Ländern unterstützen. Es gibt noch immer offenen (und was ich fast noch schlimmer finde) "versteckten" Rassismus und Intoleranz, also kurzum: viele Probleme.

Wenn ich über die ganze Verschmutzung, Vermüllung und "Versklavung" nachdenke, bekomme ich manchmal schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich einen Supermarkt betrete. Man kann ja nicht einmal eine Packung Cornflakes kaufen ohne Müll zu produzieren.

Natürlich gibt es z.B Anhänger des "Zero Waste", die so gut wie keinen Müll produzieren, was ich sehr lobenswert finde. Es ist allerdings leider noch sehr mühsam, seinen Müll zu reduzieren. In meiner Stadt gibt es weder einen unverpackt Supermarkt noch eine Bio-Mülltonne und inzwischen werden sogar fast alle Gurken in Plastik eingeschweißt (unnötig, wirklich unnötig, liebe Lebensmittelfirmen!!!).

Das soll jetzt keine Entschuldigung oder Ausrede sein - ich gebe ehrlich zu, dass ich bei meinem Fußabdruck auf der Erde noch kein reines Gewissen habe und vermutlich nie eins haben werde. Ich denke, kein Mensch kann heutzutage sagen, dass er der Erde nichts Schlechtes antut. Ich finde es sehr wichtig, das hervorzuheben - selbst Minimalisten und Zero-Waste Vertreter sind nicht perfekt. Man sollte sich also immer bewusst sein, dass selbst "bessere" Alternativen nicht unbedingt perfekt sind. Hier ein Beispiel:

- Person A denkt sich, dass sie nur noch faire Bio-Kleidung kaufen möchte und bestellt diese bei einem Online-Store. Super, denkt sie sie sich. Keine Arbeiter ausgebeutet und die Umwelt wird auch nicht verschmutzt ... aber was ist mit den Transportwegen für ihre neue Bio-Jeans? Die wird möglicherweise per Flugzeug nach Deutschland eingeflogen und legt dann noch eine Strecke per LKW zurück ... nicht gerade gut für die Ozonschicht.

Ich möchte nicht allzu pessimistisch klingen. Es ist immer gut, wenn man nach Alternativen sucht, die die Umwelt weniger belasten oder faire Löhne unterstützen.

Aber erstens sollte man immer weiterdenken und sich kritisch hinterfragen. Zweitens braucht sich niemand die Illusion machen, seine Weste sei blütenrein. Sorry Leute, aber das stimmt einfach nicht.

Zurück zu meiner Cornflakespackung im Supermarkt. Auf der einen Seite denke ich, mein schlechtes Gewissen ist das Kreuz, was wir Menschen in unserem Zeitalter tragen müssen. Und es ist gut, sich dieser Probleme bewusst zu sein. Auf der anderen Seite möchte ich diesen Beitrag mit etwas Positivem beenden und auch selbst nicht ständig das belastende Gefühl herumtragen, dass, egal, was man tut, es ist eh alles falsch.

Kommen wir also zum Positiven. Ich nenne mein Konzept  dazu gerne "Babysteps". Wir können die Welt leider nicht von heute auf morgen komplett umkrempeln. Aber wir können mit kleinen Schritten anfangen, mit Babysteps. Manche sagen sicher, dass sie eine radikale Umstellung besser finden, also z.B. sofort ganz mit dem Rauchen aufzuhören, anstatt jeden Tag eine Zigarette weniger zu rauchen. Im Endeffekt muss es jeder für sich entscheiden, ob ein Riesenschritt oder viele kleine Babysteps besser zu ihm passen. Ich glaube, dass sich eine langsame Umstellung in vielen Fällen länger bewährt, also dass man es so eher zum Ziel schafft und dann auch bei seiner neuen Lebensweise bleibt. Das Prinzip Babysteps lässt sich übrigens auf alles übertragen, sei es eine Ernährungsumstellung oder das Reduzieren von Müll. Hier einige Beispiele von meinen Babysteps:

Klamotten: kaufe ich größtenteils gebraucht auf Flohmärkten oder in Second Hand Shops. Für mich bedeutet das, das ich diesen Wahnsinn von massenweise neu prodzierter Kleidung nicht unterstütze und das Geld, was ich in Second Hand Geschäften ausgebe, für einen guten Zweck verwendet wird. Ich bin mir bewusst, dass das Ganze nicht oder nur eine Zeit lang funktionieren würde, wenn alle Menschen nur noch gebrauchte Klamotten kaufen würden und dass auch mein Second-Hand H&M Shirt nicht fair produziert wurde.

Shampoo: Ich habe von LUSH Shampoo und Duschgel in "trockener" Form gekauft, das heißt, sie sehen aus wie ein normales Stück Seife. Beides benutze ich seit fast drei Monaten und habe erst die Hälfte aufgebraucht (obwohl ich immer viel Shampoo benutze) und somit habe ich meinen Verpackungsmüll ein bisschen reduziert.

Reisen: Puh, ja, schwieriges Thema. Eine Flugreise zu buchen macht mir wirklich ein schlechtes Gewissen, weil Flugzeuge wirklich viele Abgase verursachen. Trotzdem möchte ich die Welt gerne sehen und habe auch schon eine Flugreise gebucht für dieses Jahr. Aber in Europa kann man auch gut mit dem Zug reisen. Nach England fahre ich am liebsten und ausschließlich mit dem EuroStar. Das ist nicht nur "sauberer", sondern man kann auch unbegrenzt Gepäck mitnehmen und die Second-Hand Geschäfte in England sind so unfassbar toll, dass ich da immer zuschlage! Ich frage mich, ob man eigentlich auch Elektro-Flugzeuge bauen könnte ...mhm...


Mittwoch, 31. Januar 2018

Amerikanische Gefängnisse, Victoria's Secret und was das mit uns zu tun hat







Wenn ihr nicht zufällig Fans von "Orange is the new Black" seid, dann geht es euch vielleicht wie mir und ihr habt euch selten gefragt, was in Gefängnissen auf der anderen Seite der Welt so vor sich geht. Es ist ja auch so weit weg ...

Tatsächlich ist das Gefängnissystem ein heiß diskutiertes Thema in Amerika. Was ich hier in diesem Post berichte, ist nichts Neues, aber in Deutschland sind die Informationen vielleicht noch nicht so verbreitet, deswegen auch der Post. Ich möchte für eine größere "Sichtbarkeit" des Problems sorgen, das irgendwie auch unser Problem ist ...

Aber zunächst muss ich ein bisschen ausholen und euch mit "Geschichtsfakten langweilen", damit ihr die Ausmaße der ganzen Sache versteht. Sehr vereinfacht gesagt hat die Masseneinkerkerung in den USA (mass incarceration) ihren Ursprung in der Sklaverei.

Nachdem diese abgeschafft wurde, gab es 1. eine Masse an ehemaligen Sklaven (und man wusste nicht wohin mit ihnen) und 2. keine freie Arbeit mehr ("frei" hier im Sinne von kostenlos für die Arbeitgeber bzw. Sklavenhalter). Die Lösung war eine Gesetzeslücke, die besagte, das jeder frei war - außer Kriminelle. In der Zeit nach dem Civil War wurden Schwarze bereits für kleine Vergehen wie Landstreicherei bestraft und mussten im Gefängnis - Überraschung - wieder ohne Bezahlung arbeiten. Mhm, da fragt man sich, inwieweit sich ihre Lebensumstände verbessert haben.

Weiter geht es mit der Unterdrückung: Schwarze Männer wurden mithilfe der Medien als Vergewaltiger und beinahe tierische Bestien dargestellt, woraufhin das Lynchen sehr populär wurde. Ein Schwarzer brauchte einem weißen Mädchen bloß hinterherzuschauen und zu pfeifen und schon konnte sich ein Mob versammeln, der den Mann am Baum aufknüpfte, während die Schaulustigen mit ihren Picknickkörben dabeisaßen und zuschauten. Ekelhaft! ...Aber auch das liegt ja weit in der Vergangenheit, nicht?

Dann folgte die Rassentrennung. Es gab in Bussen Sitzplätze für Weiße und welche für Schwarze, Ärzte für Weiße und ein paar wenige für Schwarze - in anderen Worten, es wurde ein Klassensystem eingerichtet, in dem die schwarze Bevölkerung eindeutig die untere oder zweite Klasse war.

So langsam nähern wir uns der Gegenwart. Politiker gewannen Wahlen, indem sie zunächst Angst in der Bevölkerung vor Verbrechen schürten und dann harte Strafen und einen Krieg gegen Drogen und Kriminalität versprachen. Ausdrücke wie "War on Drugs" waren hierbei Codewörter, denn eigentlich ging es um die Verfolgung der schwarzen und der Latino Bevölkerung, die vorangig im Visier der Polizei stand und härtere Strafen als die weiße Bevölkerung bekam. Politiker pumpten Steuergelder in die Exekutive, ließen Gefängnisse bauen und mehr Polizisten einsetzen, sodass die Masseneinbuchtung entstand.

Heute sitzt jeder vierte Gefängnisinsasse der Welt in einem amerikanischen Gefängnis!

Es gibt in den USA private Gefängnisunternehmen, deren Profit darauf aufbaut, dass Leute verurteilt werden. Diese Unternehmen waren in einer Organisation namens ALEC, die aus Unternehmen und Politikern bestand und Gesetze nicht nur entwarf sondern auch durchsetzte. Im Klartext heißt das, dass Gesetze von privaten Firmen geschrieben wurden! Gefängnisfirmen haben natürlich Gesetze entworfen, die für härtere und längere Strafen sorgten, damit ihre Gefängnisse stetig neues "Futter" bekamen. Das heißt, Menschen wurden für kleine Delikte sehr lange weggesperrt damit diese Unternehmen einen Haufen Geld verdienen konnten. Schockierend oder? Und das ist der Stand von vor ein paar Jahren.

Hinzu kommen die Gewalttaten, die in den Gefängnissen verübt werden - Schlägereien und Vergewaltigungen, sowohl von Insassen gegen Insassen, als auch von Aufsehern gegen Insassen.

Hinzu kommen die Unschuldigen, die im Gefängnis sitzen, weil sie aus Angst vor einer langen Strafe einen sogenannten "Plea Bargain" eingegangen sind; sprich, sie haben sich für schuldig erklärt, bevor es zum Gerichtsverfahren kam aus Angst vor einer längeren Strafe.

Hinzu kommen die armen Menschen, die nur deswegen im Gefängnis sitzen, weil sie sich die Kaution nicht leisten können.

Wenn die Insassen ihre Strafe abgesessen haben, könnte man meinen, dass sie als freie Bürger wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden, aber dem ist nicht so. Je nach Staat haben sie kein Anrecht auf Essensmarken, werden bei Jobs benachteiligt und dürfen nicht wählen. Das heißt, obwohl sie "Buße getan haben", werden sie lebenslang von der Gesellschaft ausgestoßen.

So, das war jetzt ein kurzer und bei weitem nicht vollständiger Umriss der Geschichte der Masseneinkerkerung in den USA. Kommen wir also endlich zu Victoria's Secret. Wie oben bereits erwähnt, mussten die Insassen in Gefängnissen bereits in der Zeit nach dem Civil War umsonst arbeiten. Das ist auch heute so. Bis es öffentlich wurde, gab es viele namenhafte Hersteller, darunter auch Victoria's Secret, die ihre Mode in Gefängnissen herstellen ließen. Nachdem dieses nicht ganz so süße Geheimnis an die Öffentlichkeit kam, wechselte Victoria's Secret natürlich ihre Lieferanten. Im Klartext heißt das, ein BH, der vielleicht in eurem Kleiderschrank hängt, ist möglicherweise von einem amerikanischen Gefängnisinassen hergestellt worden, der eventuell unschuldig ist und dessen Leben trotzdem ruiniert sein mag.

Kommen wir zur letzten Frage. Was hat das bitte schön mit uns zu tun?
 
Die USA und ihre Verrücktheiten ... seit Trump kann uns doch eigentlich nichts mehr überraschen oder schockieren, stimmt's? Und überhaupt geht es uns doch nichts an! Mhm, wäre da nicht die Globalisierung und das ein oder andere Victoria's Secret Teil in deutschen Kleiderschränken ... Wäre da nicht eine Angela Merkel, die neben Barack Obama steht, als der zur Todesstrafe interviewt wird.

Und wenn euch das nicht überzeugt, dann vielleicht folgendes: Wann werden die Leute verstehen, dass, wenn ein schwarzes Leben zählt (BlackLivesMatter), dass dann jedes Leben zählt? Es geht nicht nur um "Schwarze" oder "Gefängnisinsassen", es geht darum, wie wir die Würde des Menschen definieren.
(übersetztes und leicht abgewandeltes Zitat aus dem Film "13th".)

Dieser Blogbeitrag basiert auf dem Film "13th" von Ava DuVernay. Ein sehr empfehlenswerter Film über das System, das hinter amerikanischen Gefängnissen steckt und über die Geschichte der Schwarzen in Amerika. Verfügbar bei Netflix.

Weitere Buch- und Filmempfehlungen:

Bryan Stevenson: Ohne Gnade ("Just Mercy: A Story of Justice and Redemption") - Stevenson ist ein Anwalt, der unter anderem zum Tode verurteilte Gefängnisinsassen vertritt und gegen die Masseneinkerkerung und andere Ungerechigkeiten des Systems kämpft.

Interview zwischen Oprah und Ava DuVernay: Wie "13th" auch auf Netflix zu finden. In dem Interview wird u.a. die Frage gestellt, wie wird sich Amerika unter Trump entwickeln und gibt es noch Hoffnung.

Last Week Tonight mit John Oliver: Auf Youtube gibt es zahlreiche Sendungen und John Oliver behandelt u.a. die Themen "Mass Incarceration", die Todesstrafe und schafft es diese ernsten Themen gleichzeitig lustig und ernsthaft herüber zu bringen (sehr empfehlenswert auch das Video zur Flüchtlingssituation in Europa - einfach mal "Refugees John Oliver" bei Youtube eingeben.)


Am Ende dieses Blogbeitrags möchte ich noch einmal betonen, dass er keineswegs vollständig ist und dieser kurze Abriss der Geschichte beinahe schon moralisch verwerflich ist, eben weil er das Thema so unvollständig anreißt. Eine vollständigere Fassung liefert "13th". Ich wollte mit dem Blogbeitrag einen ersten Gedankenanstoß liefern und auf das Problem aufmerksam machen. Es mag sich um ein amerikanisches Problem handeln, aber in Zeiten der Globalisierung ist es auch unser Problem. Wir als Menschen sollten uns Gedanken darüber machen, wie unsere Welt aussieht und wie wir unsere Mitmenschen behandeln. Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, dass wir in "aufgeklärten" Zeiten leben, in denen Rassentrennung oder Rassismus allgemein keine Gefahr mehr darstellt.



 


Dienstag, 3. Oktober 2017

Shoppen und Schokolade ...


...von beidem wird man nicht satt

Berge an Tüten, Tücher, Schuhe und Schmuck vom Shoppingtrip
Machen wir eine kleine Fantasiereise in die Vergangenheit. Stellen wir uns vor, wir sind wieder ein Kind, das mit großen Augen vor dem geschmückten Weihnachtsbaum sitzt und ein Geschenk auspackt. Es kommt eine sprechende Puppe zum Vorschein, die uns mit blechernder Stimme begrüßt. "Ha-llo, ich bin An-na-bel." Wir freuen uns zunächst über die edle Puppe mit den feinen goldenen Locken, aber dann sagt die Puppe "Mir ist lang-weilig. Ich will neue Sachen!" Wir öffnen das nächste Paket unterm Baum und hervor kommt ein neues Kleid für die Puppe. Die anderen Pakete enthalten das "Rocker" Outfit, das "Hippie" Outfit, das "Disco" Outfit, etc. Wir spielen eine Zeit lang mit der Puppe und all ihren Anziehsachen, aber das wird schnell langweilig. Die Lösung? Puppe Anton mit der Lederjacke, dem Anzug, dem Hawaiihemd und vielen weiteren Anziehsachen. Und wenn Anton auch langweilig wird, gibt es ja noch Annabels Freundin Louisa ...

Die Geschichte ist mit einigen Veränderungen aus Michael Endes "Momo" übernommen. Die grauen Herren versuchen das Mädchen mit der Puppe zu ködern, aber sie sagt: "Ich glaub, man kann sie (die Puppe) nicht liebhaben." Momo würde ihre Freunde nie gegen eine leblose Puppe tauschen, die mit blechernder Stimme immer mehr Spielsachen verlangt. In dem Punkt ist sie vielen Erwachsenen um einiges vorraus. Viele von uns gehen regelmäßig shoppen, vielleicht, um irgendein Loch in unserem Inneren zu stopfen. Wenn wir ehrlich zu uns sind, merken wir, dass wir das Loch weder mit dem kleinen Schwarzen noch mit der neuesten It-Bag füllen können. Shoppen ist wie Schokolade - Ein kurzes Glückshoch - aber satt wird man davon nicht.

In der heutigen Zeit scheint das Motto der Welt "Mehr, mehr, mehr" geworden zu sein. Mehr Wirtschaftswachstum, mehr Erträge  -  alles muss höher, weiter und schneller hinausschießen. Kein Wunder also, dass wir Opfer der Werbung werden, die uns verspricht, mit Teil XY ein "ganz anderer Mensch" oder "viel glücklicher" zu werden. Die ganze Gesellschaft denkt und funktioniert ja so.  Allein 40-70 Kleidungsstücke kauft jeder von uns Deutschen pro Jahr. Das muss man sich mal vorstellen! Minimalistische Menschen haben gerade mal 40 Sachen in ihrem Kleiderschrank und zwar für alle vier Jahreszeiten. Ich habe einmal nachgezählt und ich besitze allein 29 Ketten. Dabei trage ich nicht mal täglich Schmuck. Was die Minimalisten da draußen bewegt, weniger zu besitzen sind 2 Hauptgründe:

1: Das Gefühl im eigenen Konsum zu ersticken. Minimalismus soll dabei helfen, wieder glücklicher, befreit und kreativer zu sein, da man zu Hause nicht von dem ganzen Besitz erschlagen wird. Wenn man sich von dem befreit, was für einen selbst nutzlos ist, dann kann man sich besser auf das Wichtige im Leben konzentrieren.

2: Umweltbewusstsein. Minimalisten denken genau darüber nach, was sie sich kaufen und die meisten kaufen ihre Klamotten, Bücher, etc. gebraucht oder fair ein. Eigentlich wissen wir es alle: Jede Jeans, die wir kaufen, sei es eine Discounter Jeans oder eine teure Markenjeans, wird in Billiglohnländern produziert. Die Leute dort bekommen nur einen winzigen Bruchteil der 20-100 Euro, die wir im Laden ausgeben. Wenn die Jeans im "Used" oder "Destroyed" Look daher kommt, dann auf Kosten der Gesundheit der Arbeiter, die den Feinstaub des Sandes einatmen, der zum "Destroyen" benutzt wird. Hinzu kommen die beim Anbau von Baumwolle verwendeten Chemikalien, die im Grundwasser landen und dort ihren Schaden anrichten, der lange Transportweg der Kleidung und der große Müll aus Altkleidern, da wir ja oft Sachen entsorgen, um wieder Platz im Kleiderschrank zu schaffen.

Wenn man das so betrachtet, dann wirkt unser Konsum wie ein Kapitalverbrechen an der Welt. Nun bin ich weder Minimalistin noch Moralpredigerin, sondern gehe genau so gern shoppen wie andere Leute auch. Ich gebe offen zu, dass ich viel zu viel besitze (wie gesagt, 29 Ketten!). Aber ich will nicht bis zum neuen Jahr mit meinem Vorsatz warten, weniger zu kaufen. Wenn es euch auch so geht, dann habe ich hier ein paar Tipps, wie ihr euren Konsum einschränken könnt.

Sachen länger tragen: Seht es als Challenge oder Experiment, einmal ein paar Schuhe oder eine Lieblingsjeans so lange zu tragen, bis sie wirklich kaputt geht und dann erst einen Ersatz zu kaufen. Wie lange hat es gedauert? Ein Jahr? Zwei? Nur ein paar Monate

Gebraucht kaufen: Ich kaufe meine Kleidung gerne auf dem Flohmarkt oder in Second Hand Geschäften. Wer mal nach England reist, dem empfehle ich, durch die örtlichen Charity Shops zu stöbern. Die haben weitaus coolere Sachen als der Primark und man unterstützt beim Kauf auch noch einen guten Zweck. Oxfam ist z.B. eine Kette, die es auch in vielen Großstädten hierzulande gibt.

Weniger kaufen: Überleg dir vor jedem Kauf, ob du das Teil wirklich brauchst und wie lange du es tragen wirst. Eine Saison? Maximal ein Jahr? Oder hat das Kleidungsstück Potenzial, dein neues Lieblingsteil zu werden? Im Zweifel einfach zurücklegen lassen und eine Nacht drüber schlafen. Wenn du es am nächsten Morgen vergessen hast, dann brauchst du es auch nicht.

E-Books: Inzwischen kaufe ich 90 % meiner Bücher gebraucht oder als E-Book. Das spart Papier und rettet den Regenwald ;-) Alternativ kannst du dir auch einen Bibliotheks- oder Büchereiausweis besorgen. Unter 18 ist der in den meisten Büchereien sogar kostenlos.

Fair kaufen: Armedangels, Greenality, Grüne Erde und viele weitere Onlineshops bieten recycelte oder nachhaltig angebaute Kleidung, die fair gehandelt wurde.

Spenden oder auf dem Flohmarkt verkaufen: Beim Aussortieren solltest du dir überlegen, was du mit den zu alten Klamotten machst. Du kannst sie z.B. an eine Wohltätigkeitsorganisation wie Oxfam spenden oder auf dem Flohmarkt verkaufen.


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